Bevor ich auf die 10 konkreten Tipps eingehe erst einmal die Ursachen...
Im ersten Semester Wirtschaftsingenieurwesen habe ich schön jede Woche Zusammenfassungen der Skripte erstellt, habe regelmäßig wiederholt und vier Wochen vor den Klausuren mit extensivem Lernen angefangen. Im letzten Semester haben 2-3 Tage und/oder Nächte pro Klausur gereicht. Die Noten sind zwar um 0,5 nach unten gerutscht, negative Konsequenzen konnte ich allerdings keine feststellen. Einen Job habe ich trotzdem bekommen.
Ähnliche Situation vor Konzerten. Der Termin steht schon zwei Monate vorher fest, aber anstatt regelmäßig zu üben wird lieber eine Sehnenscheidenentzündung riskiert. Konsequenz? Vielleicht ein paar kleine Fehler, Applaus gabs trotzdem.
Die (Schwieger-)Eltern/Freundin/... kommt zu Besuch. Stunden vorher bekannt, aufgeräumt wird aber zehn Minuten vor vereinbarter Uhrzeit. Selbst wenn klar ist, dass grundsätzlich 5 Minuten zu früh schon an der Türe geklingelt wird. Konsequenz? Es sieht halt nicht alles perfekt aus, stört aber auch irgendwie keinen.
Was lernen wir also jedes mal? Ist nicht so schlimm. Aufschieben tut nicht weh.
In den meisten Situationen stimmt das auch. Da lässt dann Pareto grüßen: Meistens reichen 20% Einsatz, um 80% Resultat zu erzielen. Und damit ist man meistens noch im gut-Bereich. Die übrigen 80% der Zeit/Energie kann man dann getrost anderem widmen. Oft ist die Schere sogar noch größer, sodass von 90/10, 95/5 oder sogar 99/1 ausgegangen werden kann.
Wenn man zusätzlich Parkinson's Law heranzieht, wird die Sache erst richtig interessant.
Wenn wir für eine Aufgabe eine Stunde Zeit haben, brauchen wir eine Stunde Zeit. Haben wir eine Woche, brauchen wir eine Woche. Wir werden keine Schwierigkeiten haben, die zur Verfügung stehende Zeit zu füllen. Dabei kannst Du Dich sicher an Situationen erinnern, wo es unter Zeitdruck sogar zu einem besseren Ergebnis kam als mit Puffer.
Dies hat Parkinson wie folgendermaßen erklärt: Eine Aufgabe wächst in der empfundenen Bedeutung und Komplexität proportional zur angesetzten Bearbeitungszeit. Wenn ich 24 Stunden für ein Projekt habe, zwingt mich der Zeitdruck, mich auf den Abschluss zu konzentrieren. Ich fokussiere mich auf die grundlegenden Schritte. Wenn ich eine Woche Zeit habe, habe ich in den ersten sechs Tagen aus einer Ameise einen Elefanten gemacht. Bei zwei Monaten wird es eine mentale Monstrosität. Das Resultat der kurzen Bearbeitungsspanne ist aber durch die gebündelte Energie gleich- oder sogar höher wertig.
Die beiden unterbewusst bereits angewandten Gesetze nochmals zusammengefasst (danke, Timothy Ferriss):
- Beschränke die Aufgaben auf das Wichtigste, um Arbeitszeit zu kürzen (Pareto)
- Verkürze die Arbeitszeit, um die Aufgaben auf das Wichtigste zu beschränken (Parkinson)
Also konzentrieren wir uns auf die wichtigsten Dinge und schieben sie so weit wie möglich hinaus. Beim aufräum-Beispiel reicht es, wenn Bad und Boden sauber sind und wir warten bis kurz vor knapp, um ja konzentriert an diesen Aufgaben ohne Prokrastination arbeiten zu können.
Als nächstes wie versprochen ein paar Tipps, falls Prokrastination wirklich vom erreichen von Zielen abhält:
- Nachrichten ignorieren. Einfach mal eine Woche lang ausprobieren. Keine Zeitungen/Spiegel online etc. lesen, keine Tagesschau sehen und keine Nachrichten im Radio hören. Beim Mittagessen kann man sich das Wichtigste von Kollegen etc. abholen. Fast alle Nachrichten haben keinerlei Einfluss auf das eigene Leben...
- Fragt Euch: Werde ich diese Information definitiv für etwas Dringendes und Wichtiges benötigen? Wenn nein, ist es Zeitverschwendung. Um sich für einen Vortrag vorzubereiten ist es Zeitverschwendung, einen Monat vorher die Materialien durchzulesen und dann nochmals kurz vor dem Termin. Laut Kathy Sierra hat"just-in-time"-Information Vorrang vor "just-in-case"-Information.
- Fangt an, die Kunst des Nichtbeendens zu beherrschen. Wer A sagt, muss nicht erst bei Z aufhören. Er kann auch merken, dass seine Zeit/Energie zu kostbar ist. Wie Timothy Ferriss treffend geschrieben hat: Wenn Du in einen Film gehat, der schlechter als Matrix III ist, hau ab bevor noch mehr Neuronen sterben. Wenn Du nach der halben Portion voll bist, leg die verdammte Gabel hin und bestell keinen Nachtisch. Mehr ist nicht gleich besser und etwas abzubrechen ist oft 10 x besser als es zu Ende zu bringen.
- Versuchungsquellen ausschalten. Playstation verkaufen oder Tageslimits setzen (und einhalten...), PC abbauen, Internetsperren einrichten.
- Email-Programm nur einmal pro Stunde nach neuen Nachrichten suchen lassen. Emails, die nach einer Woche nicht gelesen/beantwortet sind, können gelöscht werden.
- Den wichtigen Dingen Beine geben (siehe Post von gestern).
- Tagesziele setzen. Dazu einfach am Morgen ein paar Minuten nehmen, um auf ein DinA6-Blatt möglichst konkret aufzuschreiben, was an diesem Tag alles getan wird. Danach Spaß beim abhaken und anschließenden Verbrennen des Zettels haben. Zur Sicherheit Feuerlöscher bereit halten.
- Einen Ziel-Erreichungs-Plan erstellen (siehe nächster Eintrag).
- Listen schreiben mit Aufschiebe-Tätigkeiten, inklusive Gegenmaßnahmenplan.
- Diesen Blog weiter verfolgen. Da es sich um Effektivitäts-/Effizienz-Verbesserungen handelt, ist das keine Prokrastination :)
Da es sicher noch jede Menge weitere Möglichkeiten gibt: Ich würde mich sehr freuen, wenn Ihr Eure Erfahrungen als Kommentar hinterlasst.
Nächstes Mal geht es um die Ausarbeitung eines Ziel-Erreichungs-Plans.
Und noch fünf Minuten über Sound:
http://www.ted.com/talks/julian_treasure_the_4_ways_sound_affects_us.html
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