Es gibt unzähliche Situationen, in denen freies Sprechen notwendig ist. Meistens denkst Du wahrscheinlich nicht groß darüber nach. Der Smalltalk mit Kollegen, Freunden und Familie funktioniert ohne großes Nachzudenken und Wörterzurechtlegen. Doch wie sieht es damit aus: Die erste Verabredung, Mitarbeitergespräche, das nächste Vorstellungsgespräch...
Genug der Vorrede...
1) Auf Fragen ohne Pause reagieren
Das hat zwei Vorteile: Einmal hat Dein Körper gar nicht die Möglichkeit, durch Adrenalin, Blutdruck und Puls Deinen Stresslevel hochzuschrauben. Bei Pausen hat Dein Gegenüber außerdem sofort das Gefühl, Du würdest Dir die Sätze zurechtlegen. Das wirkt schnell unsympathisch.
Bei einer Frage entsteht sofort ein Bild, das Du dann beschreiben kannst. Falls allerdings zu viele Bilder an Deinem inneren Auge vorbeiziehen: Einfach das erste nehmen.
Beispiel: Was wissen Sie über Friedrich Schiller?
- Beim Stichwort Schiller fällt mir sofort meine Heimatstadt ein. Während der Grundschulzeit sind wir jedes Jahr mit frischen, duftenden Blumen bewaffnet zum nahen Schillerpark (immer schön zwei und zwei dass Keines verloren geht) gewandert. Nach der obligatorischen Theateraufführung vom "Handschuh" (und der König winkt wieder...), welche mit tosendem Applaus endete, wurde die überlebensgroße Statue des Dichterfürsten zum blumigen Abschuss freigegeben...
2) Persönlich erzählen
Keine belanglosen Allgemeinheiten, sondern Geschichten, die Du selbst erlebt hast. Von denen Du möglichst bildhaft, also die unterschiedlichen Sinneseindrücke beschreibend, berichten kannst. Konkret: Viele Adjektive/Adverben, keine Verallgemeinerungen. Kein "man", sondern "ich".
Beispiel: Was können Sie mir über Ägypten erzählen?
- Entweder: Also da gibt es natürlich die Pyramiden. Da wurden die Pharaonen begraben. Außerdem gibt es den Nil und das rote Meer... (dazu noch die Satzenden nach oben ziehen und gequält an die Decke oder deprimiert zu Boden schauen)
- Oder: Ägypten. Ich selbst war leider noch nie dort, stelle es mir aber sehr beeindruckend vor. Schon wenn ich auf Bilder der Sphinx blicke, bekomme ich Gänsehaut. Und dann die Pyramiden. Ich stelle mir vor, wie ich durch die endlosen Tunnel wandere, lediglich vom lebendigen Lichtkreis einer tropfenden Fackel begleitet...
3) Unwissenheit direkt zugeben
Ehrlichkeit entwaffnet. Aus der Schule kennst Du sicher noch das Gefühl, beim Abfragen vor der Klasse ein Blackout zu haben. Mir ist es auch oft peinlich, wenn ich zu einem bestimmten Thema keine Ahnung habe. Doch warum eigentlich? Das Menschheitswissen verdoppelt sich etwa alle drei Jahre. Keiner kann alles wissen.
Beispiel: Was sagt Ihnen der Begriff "kognitive Dissonanz"?
- Den Begriff kenne ich noch nicht.
Damit setzt Du Deinen Gegenüber allerdings unter Druck, da dieser nun wieder aufgefordert ist, etwas zu sagen. Deshalb gibt es noch eine Alternative:
4) Bei Unwissenheit ersten Gedanken ansprechen
Wenn Du einen Begriff das erste Mal hörst, forschst Du automatisch nach Assoziationen aus Deiner Erinnerung. Auch wenn es nicht direkt zum eigentlichen Stichwort passt: Immernoch besser, als ein totales Blackout. Und wenn Dir partout nichts einfällt: Genau das ansprechen.
Beispiel: Was sagt Ihnen der Begriff "kognitive Dissonanz"?
- Mist, schon wieder ein Fremdwort. Bzw. sogar gleich zwei. Wobei... Dissonanz kenne ich aus der Musik. Das hört sich so an, als ob die Töne miteinander kämpfen würden. Also Spannung pur. Und hat "kognitiv" nicht etwas mit Wahrnehmung zu tun? Also Spannungen in der Wahrnehmung. Haha, das erinnert mich an die Diskussionen, die ich früher oft mit meiner Mutter zum Thema Bad putzen hatte...
5) Unangenehme Themen direkt ablehnen
Egal, in welcher Situation Du Dich befindest: Du musst nicht antworten. Wenn die Alarmglocken läuten, kannst Du dies direkt ansprechen.
Beispiel: Was ist Ihre Einstellung zum Thema Sex?
- Darüber möchte ich nicht sprechen.
6) Das Unangenehme direkt ansprechen
Alternativ zur direkten Ablehnung kannst Du auch darüber sprechen, warum Du auf das Thema in diesem Rahmen nicht eingehen willst. Du kannst auch begründen, warum das Thema nicht in den Zusammenhang passt. Wie schon in Kommunikation - Einstieg beschrieben macht der Inhalt beim Gespräch nur etwa 7% aus, es ist also um einiges wichtiger, auf eine Frage zu antworten, als diese wirklich zu be-antworten.
Beispiel: Was ist Ihre Einstellung zum Thema Sex?
- Das ist natürlich eine interessante Frage. Nur bitte ich Sie zu verstehen, dass ich darauf nicht antworten werde. Mein Sexualleben gehört zu meiner Privatsphäre und die bitte ich Sie zu respektieren. Genausowenig würde ich einen fremden Menschen einfach so in mein Haus einladen. Das verstehen Sie ja sicherlich.
Das wirkt um einiges souveräner als betretenes Schweigen oder "ums-Thema-rum-Gerede".
6,5) Hilfreich zur Vorbereitung auf ungewohnte Situationen ist die im letzten Eintrag beschriebene Methode. Als Kurzversion reicht es, wenn Du Dich direkt vorher oder auch während des Gesprächs auf positive Situationen aus Deiner Vergangenheit fokussierst und Dir das Ziel des Gesprächs (Applaus, positive Stimmung etc.) vorstellst.
Viel Spaß beim Ausprobieren!
PS: Aus gegebenem Anlass: Runter vom Gas zwischen Trebic und Nova Ves. Da in den letzten Tagen jedesmal jemand aus dem Straßengraben gefischt wurde ist es wohl verdammt glatt.
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